Hilft CBD gegen Schmerzen?
Erstellt am: 04.06.2022 Aktualisiert am: 03.03.2023 Autor: Alexandra Latour
Dem nicht berauschend wirkenden Cannabinoid Cannabidiol (CBD) aus der Hanfpflanze werden schmerzlindernde Eigenschaften zugeschrieben. Zahlreiche Hersteller und Verkäufer erwähnen dies explizit und bieten CBD-Präparate wie CBD-Öl gegen Schmerzen an. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um standardisierte Produkte und Studien mit CBD in pharmazeutischer Qualität haben keine eindeutigen Belege erbracht. Deshalb gehen wir in dem folgenden Artikel auf die Fragen ein: Wie sieht die aktuelle Studienlage aus? Kann CBD allein zur Schmerzlinderung beitragen? Oder bietet Cannabis als Medizin eine bessere schmerzlindernde Wirkung? Welche Unterschiede zwischen medizinischem CBD und frei käuflichen Produkten gibt es? Warum lassen sich die Studienergebnisse nicht auf CBD-Produkte eins zu eins übertragen?
Kurzzusammenfassung zu CBD gegen Schmerzen
Arzneimittel gegen Schmerzen können viele Nebenwirkungen haben. Vor allem Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden, begeben sich häufig auf die Suche nach einer natürlichen Alternative.
Cannabis als Medizin besitzt das Potenzial, chronische Schmerzen zu lindern, ohne dass schwere Nebenwirkungen wie bei einem Medikament auftreten. Ärzte dürfen medizinisches Cannabis als Begleit-Therapie bei schweren Erkrankungen unter bestimmten Voraussetzungen verordnen. CBD-Produkte wie CBD-Öl werden nicht aus Cannabis, sondern aus dem Hanf (Nutzhanf) gewonnen, der einen geringen Anteil des berauschend wirkenden Tetrahydrocannabinols aufweist. Jedoch wird gerade diesem Cannabinoid die schmerzlindernde Wirkung zugeschrieben, bzw. kann es dazu beitragen, die Schmerzen erträglicher zu machen.
Es wurden kaum klinische Studien durchgeführt, in denen CBD allein gegen Schmerzen untersucht wurde. Es finden sich lediglich Hinweise darauf, dass CBD womöglich in der Lage sein könnte, die Schmerzwahrnehmung zu verändern. Aber auch das ist nicht gesichert. Mehr dazu können Sie im folgenden Artikel lesen.
Seit März 2017 dürfen Ärzte (außer Zahn- und Tierärzte) medizinisches Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen auf einem Betäubungsmittelrezept verordnen. Die Krankenkassen dürfen die Kostenübernahme nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen. Viele Menschen setzen eine große Hoffnung in die Schmerzbehandlung mit Cannabis. Schmerzfrei werden sie dadurch aber nicht [1]. Denn Cannabis-Medikamente wirken nicht wie Schmerzmittel, sondern verändern lediglich das Schmerzempfinden [2]. Das kann natürlich eine Hilfe sein, weshalb Cannabis-Medikamente auch in der Schmerztherapie zum Einsatz kommen. Allerdings nur bei chronischen Schmerzen und auch nur dann, wenn Standardtherapien keinen ausreichenden Erfolg haben.
Die Wirkung der Phytocannabinoide aus der Cannabispflanze wie Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) ist äußerst komplex und noch längst nicht entschlüsselt. Es ist bekannt, dass die Cannabinoide mit dem Endocannabinoid-System im Körper interagieren. Dieses ist Teil des Nervensystems und an zahlreichen Prozessen beteiligt, wie zum Beispiel an der Schmerzwahrnehmung, am Entzündungsgeschehen, den Emotionen, dem Schlaf oder auch dem Appetit. Deshalb wird der Einsatz von Cannabis als Medizin gegen verschiedene Erkrankungen und Beschwerden wissenschaftlich untersucht.
Es findet sich eine Vielzahl an Studien, in denen Cannabis-Arzneimittel gegen Schmerzen untersucht wurden. In den meisten Fällen steht aber das berauschend wirkende Tetrahydrocannabinol im Fokus, da dieser Wirkstoff nach aktuellem Stand der Studien das größte Potenzial besitzt, den chronischen Schmerz zu lindern.
Ob CBD allein ebenso dieses Potenzial besitzt, wurde bisher kaum untersucht. Hauptsächlich wurden hier auch nur Tierstudien durchgeführt. So konnte in verschiedenen Tiermodellen die Gabe von CBD die erhöhte Schmerzempfindlichkeit verbessern [3]. Beispielsweise wurden Nagetiere schmerzhaften Erfahrungen ausgesetzt und die Verabreichung von CBD veränderte die Schmerzwahrnehmung [4].
Ebenso scheint CBD in der Lage zu sein, bei entzündungsbedingtem Schmerz nützlich zu sein, in dem es die Entzündung bekämpft [5]. An einem weiteren Tiermodell konnten Forscher zeigen, dass CBD die Aktivität des Serotoninrezeptors beeinflussen kann, sodass sich die erhöhte Schmerzempfindlichkeit verringerte und angstähnliches Verhalten abnahm [6].
An einer placebokontrollierten Studie nahmen 29 Patienten mit Neuropathie teil [7]. 15 Patienten bekamen ein medizinisches CBD-Öl zum Auftragen auf die Haut mit 250 Milligramm CBD, während die restlichen 14 Patienten ein Placebo (Scheinmedikament) erhielten. Im Ergebnis heißt es, dass die Kältegefühle und der Juckreiz sowie die stechenden Schmerzen abnahmen.
Weitere Studien zu CBD gegen Schmerzen
Weniger positiv sind die Ergebnisse einer Untersuchung mit 20 Patienten, die unter Fibromyalgie (Schmerzsyndrom) litten [8]. Auch hier erhielt eine Gruppe nur ein Placebo. Die anderen Teilnehmer bekamen medizinisches Cannabis zum Inhalieren, und zwar entweder Blüten mit 22,4 g THC/<1 g CBD, 13,4 g THC/17,8 g CBD oder Blüten mit 18,4 g CBD, <1 g/THC.
Keine der Behandlungen hatte eine stärkere Wirkung als das Placebo auf die Schmerzreaktionen. Die Schmerzwerte verringerten sich nur wenig. Dabei bewirkten die THC-haltigen Cannabissorten eine signifikante Erhöhung der Druckschmerzschwelle im Vergleich zum Placebo. Das Inhalieren der CBD-reichen Sorten verringerte sogar die THC-induzierte schmerzlindernde Wirkung, was auf synergistische pharmakokinetische Wechselwirkungen zwischen den beiden Cannabinoiden hinweist.
Diese experimentelle Studie zeigt einmal mehr das komplexe Verhalten von Cannabinoiden bei chronischen Schmerzpatienten mit nur geringen schmerzlindernden Reaktionen.
Des Weiteren existieren einige klinische Studien, in denen die Wirksamkeit des Fertigarzneimittels Sativex untersucht wurde. Dieses Medikament enthält die Cannabinoide THC und CBD mit gleich hohem Anteil. Hier hat sich gezeigt, dass das Arzneimittel unter anderem gegen neuropathische Schmerzen, wie sie zum Beispiel bei Multiple Sklerose auftreten, helfen kann [9].
Wir möchten hier die wichtigsten Punkte zusammenfassen:
Die Wirkung von Cannabinoiden ist nicht mit der wie bei Schmerzmitteln zu vergleichen.
Medikamente gegen Schmerzen können den Schmerz "abschalten" bzw. die Schmerzweiterleitung unterbinden. Cannabis-Medikamente können die Schmerzwahrnehmung verändern, sodass der Schmerz "erträglicher" wird.
In der Schmerztherapie kommt medizinisches Cannabis in der Regel nur bei Patienten zur Anwendung, die unter schweren chronischen Schmerzen leiden, zum Beispiel im Rahmen von Krebs-Erkrankungen, und keine andere Therapie zur Verfügung steht oder aber die Nebenwirkungen der Standardtherapien schwerwiegend sind.
Die Wirkung von THC ist relativ gut erforscht und kann bei chronischen Schmerzen nützlich sein.
CBD (Cannabidiol) gegen Schmerzen wurde bisher kaum untersucht, scheint jedoch das Potenzial zu besitzen, die Schmerzwahrnehmung zu verändern. Es fehlen jedoch noch eindeutige Belege.
Hinweis
In den oben ausgeführten Informationen berichten wir ausschließlich über verschreibungspflichtiges medizinisches Cannabis mit all seinen Cannabinoiden oder verschreibungspflichtiges Cannabidiol (CBD). Die Studienergebnisse sind nicht auf frei käufliche CBD-Produkte wie CBD-Öle, CBD-Tropfen, CBD-Kapseln etc. übertragbar. Zudem machen wir zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschläge und geben auch keine Anwendungsempfehlungen oder Nutzversprechen.
Viele Menschen, die unter Schmerzen leiden und mit den Nebenwirkungen der herkömmlichen Schmerzmittel zu kämpfen haben, suchen nach Alternativen, vor allem im Bereich der Naturmedizin. Da CBD-Produkte wie CBD-Öle, CBD-Isolat und CBD-Kapseln schon seit einigen Jahren im "Trend" liegen, treffen sie bei ihrer Suche automatisch auf CBD-Extrakte. Doch CBD-Öl ist kein Heilmittel und auch kein Wundermittel, auch wenn dies gerne mal suggeriert wird.
Die Erwartungen sind hoch, denn das Cannabinoid aus dem Hanf soll die unterschiedlichsten Bedürfnisse stillen und nahezu jede Art von Beschwerden wegzaubern. Auch bei Schmerzen, wie zum Beispiel Nerven- und Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen und sogar Menstruationsschmerzen soll CBD ein geeignetes "Schmerzmittel" sein. Aber helfen CBD-Produkte wie CBD-Öl gegen Schmerzen?
Diese Frage ist nicht ganz so leicht zu beantworten. Zunächst einmal ist noch mal darauf hinzuweisen, dass frei käufliche CBD-Produkte nicht mit dem CBD zu vergleichen sind, das in den oben genannten Studien zum Einsatz kam. Denn bei den frei käuflichen Produkten gibt es je nach Hersteller bzw. Herstellungsmethoden erhebliche Qualitätsunterschiede. Es handelt sich also um kein standardisiertes Produkt. Insofern lassen sich auch die Studienergebnisse, in denen die Wirksamkeit von CBD gegen chronische Schmerzen untersucht wurde, nicht eins zu eins auf die frei käuflichen Präparate übertragen - und wir sprechen hier noch nicht einmal von einer gesicherten Wirksamkeit gegen Schmerzen.
Alle Erfahrungen von Menschen, die CBD-Öl gegen Schmerzen anwenden, sind immer subjektiv. Hinzu kommt, dass jeder Mensch unterschiedlich auf CBD reagiert. Dem einen hilft es, dem anderen nicht. Nicht selten gehen Hersteller und Verkäufer auch hin und „fälschen“ Erfahrungsberichte, um ihr Produkt besser verkaufen zu können. Deshalb ist bei diesen Berichten und Versprechungen immer Vorsicht geboten.
Wir möchten hier nicht bestreiten, dass CBD-Öl gegen Schmerzen wirkt. Gehen wir jedoch von der "schlechten" Studienlage aus und davon, dass die Dosierung von CBD in Studien sehr hoch ist und solch eine Dosierung mit CBD-Produkten gar nicht möglich ist, möchten wir die Wirkung zumindest anzweifeln.
Dennoch können CBD-Öle und andere CBD-Präparate - sofern sie eine hohe Qualität aufweisen - verschiedene Vorteile haben und sich auf diverse Beschwerden, wie zum Beispiel innere Unruhe, Ängste oder Stress, positiv auswirken. Sollten Sie in Erwägung ziehen, CBD-Öl oder ein anderes CBD-Präparat gegen Schmerzen einzusetzen, bedenken Sie bitte, dass zwischen Schmerzmedikamenten sowie weiteren Medikamenten und CBD Wechselwirkungen entstehen können. Sprechen Sie deshalb vor der Anwendung mit Ihrem Arzt.
Lesen Sie auch folgende Artikel:
Welches CBD gegen Schmerzen?
Cannabidiol (CBD) ist ein Cannabinoid aus der Hanfpflanze, das keine berauschende Wirkung auslöst. Medizinisches CBD scheint ein gewisses Potenzial zu haben, die Schmerzwahrnehmung zu beeinflussen. Es fehlen jedoch noch aussagekräftige Studien am Menschen. Bei frei käuflichen CBD-Produkten wie CBD-Ölen oder CBD-Kapseln, die nicht in Studien zur Anwendung kommen, ist es unklar, ob diese ebenfalls in der Lage sind, die Wahrnehmung von Schmerzen zu verändern.
Ist CBD schmerzstillend?
Nein, das Cannabinoid Cannabidiol (CBD) aus dem Hanf ist nicht schmerzstillend. Es ist auch nicht belegt, dass CBD überhaupt schmerzlindernd wirken kann. Wenige Tierstudien liefern Hinweise darauf, dass das Cannabinoid womöglich die Schmerzwahrnehmung beeinflussen kann. Allerdings fehlen gut konzipierte klinische Studien (am Menschen).
CBD oder THC gegen Schmerzen?
Es gibt zahlreiche Studien, in denen gezeigt werden konnte, dass Tetrahydrocannabinol gegen chronische Schmerzen wirken kann. Hingegen wurde kaum untersucht, ob CBD allein ohne weitere Cannabinoide eine schmerzlindernde Wirkung entfalten kann. Dies bisherigen wenigen Studienergebnisse weisen darauf hin, dass CBD lediglich bei entzündungsbedingten Schmerzen nützlich sein könnte.
Welche CBD-Blüten gegen Schmerzen?
Gegen chronische Schmerzen können medizinische Cannabisblüten verordnet werden. Diese enthalten jedoch in der Regel einen höheren THC-Anteil als CBD-Anteil, da dem berauschend wirkenden Cannabinoid schmerzlindernde Eigenschaften zugeschrieben werden. Hingegen gibt es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse zur schmerzlindernden Wirkung von CBD.
Aufgrund der über zehnjährigen freiberuflichen Autorinnentätigkeit für renommierte Gesundheitsportale und Online-Magazine übernahm Alexandra Latour Anfang 2017 die stellvertr. Redaktionsleitung von Leafly Deutschland. Auch nach der Schließung der deutschen Niederlassung von Leafly war sie weiterhin als Medizinredakteurin und Beraterin in der Cannabis- und CBD-Branche tätig und konnte sich hier eine umfangreiche Expertise aneignen.
Quellenverzeichnis
[1] Deutsche Schmerzgesellschaft e. V., Cannabis in der Schmerzbehandlung
[2] aerzteblatt.de, 2018, Kann Cannabis Schmerzen wirklich lindern?
[3] Mlost J, Bryk M, Starowicz K. Cannabidiol for Pain Treatment: Focus on Pharmacology and Mechanism of Action. Int J Mol Sci. 2020 Nov 23;21(22):8870. doi: 10.3390/ijms21228870. PMID: 33238607; PMCID: PMC7700528
[4] Vigil JM, Montera MA, Pentkowski NS, Diviant JP, Orozco J, Ortiz AL, Rael LJ, Westlund KN. The Therapeutic Effectiveness of Full Spectrum Hemp Oil Using a Chronic Neuropathic Pain Model. Life (Basel). 2020 May 18;10(5):69. doi: 10.3390/life10050069. PMID: 32443500; PMCID: PMC7281216
[5] Costa B, Trovato AE, Comelli F, Giagnoni G, Colleoni M. The non-psychoactive cannabis constituent cannabidiol is an orally effective therapeutic agent in rat chronic inflammatory and neuropathic pain. Eur J Pharmacol. 2007 Feb 5;556(1-3):75-83. doi: 10.1016/j.ejphar.2006.11.006. Epub 2006 Nov 10. PMID: 17157290
[6] De Gregorio D, McLaughlin RJ, Posa L, Ochoa-Sanchez R, Enns J, Lopez-Canul M, Aboud M, Maione S, Comai S, Gobbi G. Cannabidiol modulates serotonergic transmission and reverses both allodynia and anxiety-like behavior in a model of neuropathic pain. Pain. 2019 Jan;160(1):136-150. doi: 10.1097/j.pain.0000000000001386. PMID: 30157131; PMCID: PMC6319597
[7] Xu DH, Cullen BD, Tang M, Fang Y. The Effectiveness of Topical Cannabidiol Oil in Symptomatic Relief of Peripheral Neuropathy of the Lower Extremities. Curr Pharm Biotechnol. 2020;21(5):390-402. doi: 10.2174/1389201020666191202111534. PMID: 31793418
[8] van de Donk T, Niesters M, Kowal MA, Olofsen E, Dahan A, van Velzen M. An experimental randomized study on the analgesic effects of pharmaceutical-grade cannabis in chronic pain patients with fibromyalgia. Pain. 2019 Apr;160(4):860-869. doi: 10.1097/j.pain.0000000000001464. PMID: 30585986; PMCID: PMC6430597
[9] Russo M, Naro A, Leo A, Sessa E, D'Aleo G, Bramanti P, Calabrò RS. Evaluating Sativex® in Neuropathic Pain Management: A Clinical and Neurophysiological Assessment in Multiple Sclerosis. Pain Med. 2016 Jun;17(6):1145-54. doi: 10.1093/pm/pnv080. Epub 2016 Jan 13. PMID: 26764336