Erst vor Kurzem haben wir über Hexahydrocannabinol (HHC) berichtet, ein hydriertes Derivat von Tetrahydrocannabinol (THC). Da sich HHC quasi in einer rechtlichen Grauzone bewegt, sind viele Händler auf den Zug aufgesprungen und haben HHC-Produkte, wie zum Beispiel mit HHC angereicherte Nutzhanfblüten, in ihr Produktsortiment aufgenommen. Dabei hat man sich keinerlei Gedanken darüber gemacht, was da eigentlich für ein Produkt verkauft wird. Denn über die Wirkung, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Langzeitfolgen und Risiken ist nichts bekannt. Das schnelle Geld scheint hier wichtiger zu sein als die Sicherheit der Menschen.
Wir haben es deshalb begrüßt, dass zuerst Österreich und jetzt auch die Schweiz HHC in die Liste verbotener Betäubungsmittel aufgenommen haben. Vermutlich wird es nicht lange dauern, bis auch in Deutschland das HHC-Verbot kommt.
H4CBD – die neue Geldmaschine
Kaum kommen die ersten Verbote, schleicht sich das nächste Cannabinoid-Derivat auf den Markt: Hexahydrocannabidiol (H4CBD). Hierbei handelt es sich um eine hydrierte Version von Cannabidiol (CBD). Es wird genauso (synthetisch) hergestellt wie HHC, die hydrierte Form von Tetrahydrocannabinol (THC).
Für die Herstellung von H4CBD, werden die CBD-Moleküle mit Wasserstoffatomen verbunden ("Hydrierung"). Durch diese chemische Reaktion entsteht eine neue Verbindung, die dann als "H4-CBD" bezeichnet wird.
Wirkung von H4CBD
Kurz gesagt: Kein Mensch weiß genau, wie H4CBD wirkt. Erfahrungsberichten ist zu entnehmen, dass es ähnlich wirkt wie ein 2:1 CBD:THC-Produkt und wohl eine leichte Euphorie auslöse kann. Aber das sind nur subjektive Wahrnehmungen.
Findige Verkäufer beziehen sich auf eine Studie aus dem Jahr 2006 und behaupten, dass H4CBD stark entzündungshemmend wirken kann. Hier wurde jedoch kein H4CBD an Mäusen getestet. Vielmehr hydrierten die Forscher CBD und Cannabidiol-Dimethylhephtyl (CBD-DMH), um vier verschiedene Epimere zu erhalten. Die neuen Derivate wurden dann auf ihre Fähigkeit untersucht, die Produktion von reaktiven Sauerstoffintermediaten, Stickstoffmonoxid und Tumornekrosefaktor durch Mäuse-Makrophagen zu modulieren, sowie auf ihre Bindung an den Cannabinoidrezeptor CB1. Im Ergebnis heißt es, dass die Derivate eine gute Bindung an den CB1 aufwiesen und dass hydriertes CBD und CBD-DMH eine andere Bioaktivität als ihre ursprünglichen Verbindungen zeigten. Es ist hier also völlig unklar, warum einige Verkäufer diese Studie heranziehen.
HHC, H4CBD … um was geht es hier überhaupt?
Wir haben bei H4CBD genau das gleiche Problem wie bei HHC. Die Wirkung ist unbekannt. Ebenso gibt es keine Erkenntnisse darüber, welche Nebenwirkungen auftreten können. Besonders gefährlich ist, dass auch nichts über die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bekannt ist, ebenso nichts über die Langzeitfolgen und Risiken.
Doch auch das wird viele Händler nicht davon abhalten, wieder einmal auf den Zug mit dem schnellen Geld aufzuspringen. Und wenn wir schon dabei sind, unser aller Anliegen, nämlich das volle Potenzial der Hanfpflanze mit seinen NATÜRLICHEN Cannabinoiden völlig zu vergessen, dann dürfte es nicht lange dauern, bis weitere Derivate wie H2CBD, 8,9-Dihydrocannabidiol oder Cannabidiol-Dimethylether das Geld in die Kassen der Händler fließen lassen – auf Kosten der Verbraucher und zum Schaden der gesamten Branche.
Online-Shops, die ihr neues Produkt feiern
HAPPY420 (Malkmus Holistic GmbH in Mainz) feiert seine neuen Produkte wie den Vapepen „Sour Tangie“ mit 80 Prozent H4CBD, 15 Prozent Broad Spectrum und 5 Prozent Terpenen. Dabei soll das CBD-Broadspectrum-Destillat für den Entourage-Effekt sorgen.
Fassen wir zusammen: Das Produkt enthält das synthetische H4CBD, das laut eigenen Angaben in einem Bioreaktor gewonnen wird, sowie ein CBD-Destillat und künstliche Terpene – und das soll für einen natürlichen Entourage-Effekt sorgen? Das ist wirklich mehr als fragwürdig.
Auch die bekannten Cannabuben sind schon auf den Zug aufgesprungen. Die Blüten „Gelato x H4CBD“ versprechen einen CBD-Gehalt zwischen 23 bis 25 Prozent sowie einen H4CBD-Gehalt von 25 bis 30 Prozent. Hier haben wir also einfache Nutzhanfblüten, die mit CBD-Isolat angereichert werden, um einen höheren CBD-Gehalt zu bekommen und zusätzlich noch mit dem synthetischen H4CBD und darüber hinaus mit Terpenen, um den Oiriginalgeschmack von „Gleto“ hinzubekommen – und das mit der Werbung „Alle unsere Produkte sind 100 Prozent natürlich“.
Autorin: Alexandra Latour
Aufgrund der über zehnjährigen freiberuflichen Autorinnentätigkeit für renommierte Gesundheitsportale und Online-Magazine übernahm Alexandra Latour Anfang 2017 die stellvertr. Redaktionsleitung von Leafly Deutschland. Auch nach der Schließung der deutschen Niederlassung von Leafly war sie weiterhin als Medizinredakteurin und Beraterin in der Cannabis- und CBD-Branche tätig und konnte sich hier eine umfangreiche Expertise aneignen.
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