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Welche Wirkung hat CBD auf das Immunsystem?

Erstellt am: 02.02.2023                     Aktualisiert am: 03.02.2023                    Autor: Alexandra Latour

Immer wieder wird behauptet, dass Cannabidiol (CBD) das Immunsystem stärken kann und dass das Cannabinoid ein Antioxidans sei. Studien zufolge entfaltet CBD jedoch eine immunsuppressive Wirkung. Die Funktion des Immunsystems wird also unterdrückt und nicht gestärkt. Und ob CBD tatsächlich antioxidative Eigenschaften besitzt, ist nicht endgültig geklärt, da es hierzu widersprüchliche Studienergebnisse gibt. Beginnen wir aber zunächst mit dem Endocannabinoid-System.

Wirkung von CBD auf das Immunsystem

Das Endocannabinoid-System ist mit seinen Cannabinoid-Rezeptoren und endogenen Liganden (Endocannabinoide) an vielen verschiedenen physiologischen Prozessen im Körper beteiligt. Hierzu gehört auch das Immunsystem. Denn Cannabinoid-Rezeptoren des Typs 2 (CB2) lassen sich in den zum Immunsystem gehörenden Zellen wie den Mastzellen sowie den B- und T-Lymphozyten nachweisen [1].

 

Die Immunität wird durch das Zusammenwirken verschiedener Zelltypen aufrechterhalten. Diese bieten Schutz vor fremden Eindringlingen und schädlichen Reaktionen von körpereigenen Proteinen. Zu diesen Zelltypen gehören unter anderem Neutrophile, Makrophagen und andere myeloische Zellen, die das angeborene Immunsystem bilden, das schnell auf die Zerstörung von Krankheitserregern reagiert. Falls die angeborene Reaktion nicht ausreicht, können bestimmte Zellen die adaptive Immunantwort aktivieren, die sich hauptsächlich aus T- und B-Zellen zusammensetzt.

 

T-Zellen können dann Signale aussenden, die andere Immunzellen rekrutieren und aktivieren, oder infizierte Zellen direkt lysieren oder deren Apoptose (Zelltod) einleiten. Zudem können T-Zellen zur Stimulierung von B-Zellen beitragen, die Antikörper produzieren, um Krankheitserreger zu neutralisieren und/oder die Zerstörung der Krankheitserreger zu fördern.

 

Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Zelltypen übernehmen die sogenannten Zytokine. Hierbei handelt es sich um eine Gruppe von Peptiden, die auch als Wachstumsfaktoren bezeichnet werden.

Die Auswirkungen von CBD auf Immunreaktionen können angeborene oder adaptive Reaktionen betreffen. Bei der Bewertung dieser Reaktionen wurden verschiedene Zelltypen und ihre Funktionen untersucht. Ein gängiger Endpunkt, der unabhängig vom Zelltyp untersucht wird, ist beispielsweise die Produktion von Zytokinen wie IL-1α, IL-1β, IL-6, TNF-α und IL-17A, während IL-10 als entzündungshemmend gilt. Studien legen nahe, dass CBD immunsuppressiv wirkt [2].

 

Das bedeutet, dass CBD womöglich das Immunsystem unterdrücken kann, sodass es nicht mehr richtig arbeiten kann. Bei Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel rheumatoider Arthritis, Multiple Sklerose oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, kann dies nützlich sein, da hier das Immunsystem „überaktiv“ ist bzw. richtet sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper. Diese Fehlleitung des Immunsystems kann im Rahmen einer Therapie mit speziellen Medikamenten (Immunsupressiva) unterdrückt werden.

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Verschiedene Studien haben wichtige Hinweise dafür geliefert, dass CBD immunsuppressiv und entzündungshemmend wirken kann. Es gab aber auch Berichte darüber, dass CBD eine immunstärkende Wirkung haben könnte.

 

Das Potenzial von CBD und anderen Cannabinoiden, immunstimulierende Effekte hervorzurufen, wurde jedoch unter anderem auf unterschiedliche CBD-Konzentrationen und CBD-Dosen, den Zellkulturbedingungen in den Studien, einschließlich der Anwesenheit und/oder des Prozentsatzes von Serum, dem Immunstimulans und dem Ausmaß der zellulären Aktivierung als Reaktion auf das Immunstimulans zurückgeführt.

 

Tatsächlich haben Laborstudien gezeigt, dass CBD die Zytokinproduktion (IL-2 und IFN-γ) als Reaktion auf einen relativ geringen bzw. hohen Grad an Immunstimulation entweder verstärken oder unterdrücken kann [3, 4, 5].

Interessanterweise sind die Berichte über die Wirkung von CBD auf oxidativen Stress in den verschiedenen Studien unterschiedlich, wobei einige Artikel CBD als Antioxidans beschreiben [6] und andere berichten, dass CBD oxidativen Stress auslöst [7, 8]. CBD-vermittelte Wirkungen auf die IL-10-Produktion zeigten im Vergleich mehrerer Studien ebenfalls gegensätzliche Effekte [9, 10].

 

Obwohl nicht ganz klar ist, warum CBD gegensätzliche Wirkungen hervorruft, ist es für das Verständnis der CBD-Mechanismen von entscheidender Bedeutung, die Folgen aller Veränderungen weiterhin zu untersuchen.

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CBD als starker Partner für ein intaktes Immunsystem, CBD zur Unterstützung des Immunsystems, CBD stärkt die Immunabwehr – immer wieder werden frei käufliche CBD-Produkte (z. B. CBD-Öl) mit diesen Slogans beworben. Es werden sogar spezielle CBD-Produkte zur Stärkung des Immunsystems angeboten, wie zum Beispiel ein CBD-Öl, das zusätzlich noch Vitamine enthält.

 

Den Anbietern zufolge soll CBD „wesentliche Parameter für ein intaktes Immunsystem“ unterstützen, indem es den Schlaf fördert und Stress reduziert. Sicherlich kommen ausreichend Schlaf und wenig Stress der Gesundheit zugute und damit auch dem Immunsystem. Dafür ist aber die Anwendung von CBD-Produkten nicht notwendig – zumal unklar ist, ob CBD tatsächlich den Schlaf fördert.

 

Lesen Sie hier mehr über CBD und Schlafstörungen.

 

Dass CBD eine immunsuppressive Wirkung entfaltet, also die Immunabwehr schwächt, wird völlig ignoriert. Dabei können auch medizinische Laien sich ausrechnen, was passiert, wenn man beispielsweise unter einer Erkältung leidet oder sowieso schon ein geschwächtes Immunsystem besitzt, und zusätzlich eine Substanz einnimmt, die immunsuppressive Eigenschaften entfalten kann. Wir raten hier eindringlich zur Vorsicht.

Lesen Sie auch folgende Artikel:

Wofür steht CBD?

 

CBD ist die Abkürzung für Cannabidiol, ein Phytocannabinoid aus der Hanfpflanze. Dabei kann die Hanfpflanze mehr als 100 verschiedene (Phyto-) Cannabinoide bilden. Am bekanntesten ist das Cannabinoid Tetrahydrocannabinol (THC), das eine berauschende Wirkung entfaltet. CBD wirkt hingegen nicht berauschend und besitzt ein breitgefächertes therapeutisches Potenzial.

 

Ist CBD gut für das Immunsystem?

 

Cannabidiol (CBD) besitzt eine immunsuppressive Wirkung. Das bedeutet, dass CBD die Immunabwehr schwächen kann. Bei Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, bei denen das Immunsystem „überaktiv“ ist, kann die immunsuppressive Wirkung von medizinischem CBD nützlich sein.

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[1] Kilaru A, Chapman KD. The endocannabinoid system. Essays Biochem. 2020 Sep 23;64(3):485-499. doi: 10.1042/EBC20190086. PMID: 32648908

 

[2] Nichols JM, Kaplan BLF. Immune Responses Regulated by Cannabidiol. Cannabis Cannabinoid Res. 2020 Feb 27;5(1):12-31. doi: 10.1089/can.2018.0073. PMID: 32322673; PMCID: PMC7173676

 

[3] Dhital S, Stokes JV, Park N, Seo KS, Kaplan BL. Cannabidiol (CBD) induces functional Tregs in response to low-level T cell activation. Cell Immunol. 2017 Feb;312:25-34. doi: 10.1016/j.cellimm.2016.11.006. Epub 2016 Nov 9. PMID: 27865421; PMCID: PMC5327652

 

[4] Chen W, Kaplan BL, Pike ST, Topper LA, Lichorobiec NR, Simmons SO, Ramabhadran R, Kaminski NE. Magnitude of stimulation dictates the cannabinoid-mediated differential T cell response to HIVgp120. J Leukoc Biol. 2012 Nov;92(5):1093-102. doi: 10.1189/jlb.0212082. Epub 2012 Aug 16. PMID: 22899554; PMCID: PMC3476243

 

[5] Jan TR, Kaminski NE. Role of mitogen-activated protein kinases in the differential regulation of interleukin-2 by cannabinol. J Leukoc Biol. 2001 May;69(5):841-9. PMID: 11358994

 

[6] Mukhopadhyay P, Rajesh M, Horváth B, Bátkai S, Park O, Tanchian G, Gao RY, Patel V, Wink DA, Liaudet L, Haskó G, Mechoulam R, Pacher P. Cannabidiol protects against hepatic ischemia/reperfusion injury by attenuating inflammatory signaling and response, oxidative/nitrative stress, and cell death. Free Radic Biol Med. 2011 May 15;50(10):1368-81. doi: 10.1016/j.freeradbiomed.2011.02.021. Epub 2011 Mar 11. PMID: 21362471; PMCID: PMC3081988

 

[7] Wu HY, Chang AC, Wang CC, Kuo FH, Lee CY, Liu DZ, Jan TR. Cannabidiol induced a contrasting pro-apoptotic effect between freshly isolated and precultured human monocytes. Toxicol Appl Pharmacol. 2010 Aug 1;246(3):141-7. doi: 10.1016/j.taap.2010.05.003. Epub 2010 May 21. PMID: 20471992

 

[8] Lee CY, Wey SP, Liao MH, Hsu WL, Wu HY, Jan TR. A comparative study on cannabidiol-induced apoptosis in murine thymocytes and EL-4 thymoma cells. Int Immunopharmacol. 2008 May;8(5):732-40. doi: 10.1016/j.intimp.2008.01.018. Epub 2008 Feb 14. PMID: 18387516

 

[9] Weiss L, Zeira M, Reich S, Har-Noy M, Mechoulam R, Slavin S, Gallily R. Cannabidiol lowers incidence of diabetes in non-obese diabetic mice. Autoimmunity. 2006 Mar;39(2):143-51. doi: 10.1080/08916930500356674. PMID: 16698671

 

[10] Weiss L, Zeira M, Reich S, Slavin S, Raz I, Mechoulam R, Gallily R. Cannabidiol arrests onset of autoimmune diabetes in NOD mice. Neuropharmacology. 2008 Jan;54(1):244-9. doi: 10.1016/j.neuropharm.2007.06.029. Epub 2007 Jul 17. PMID: 17714746; PMCID: PMC2270485

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Alexandra Latour, Autorin, Medizinredakteurin
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Aufgrund der über zehnjährigen freiberuflichen Autorinnentätigkeit für renommierte Gesundheitsportale und Online-Magazine übernahm Alexandra Latour Anfang 2017 die stellvertr. Redaktionsleitung von Leafly Deutschland. Auch nach der Schließung der deutschen Niederlassung von Leafly war sie weiterhin als Medizinredakteurin und Beraterin in der Cannabis- und CBD-Branche tätig und konnte sich hier eine umfangreiche Expertise aneignen.

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